Eine der letzten größeren Ergänzungen der REACH-Verordnung Nr. 1907/2006 betraf die Beschränkungen unter Anhang XVII. Dabei wurden mit Eintrag Nr. 78 Vorgaben für synthetische Polymermikropartikel hinzugefügt, die allgemein auch als „Mikroplastik“ bezeichnet werden. Betroffen ist das Inverkehrbringen von sogenanntem primärem Mikroplastik, also Stoffen oder Gemischen, die für die spätere Verwendung oder Weiterverarbeitung gezielt hergestellt werden. Das sekundär entstehende Mikroplastik durch physikalischen oder chemischen Abbau wie beispielsweise Abrieb, Verwitterung etc. fällt nicht in den Geltungsbereich der Verordnung.
Bei den von Anhang XVII Nr. 78 regulierten synthetischen Polymermikropartikeln handelt es sich um feste Polymere, die zwei Bedingungen erfüllen müssen:
- Sie sind in Partikeln enthalten und machen mindestens 1 Gewichtsprozent dieser Partikel aus oder bilden eine kontinuierliche Oberflächenbeschichtung auf Partikeln;
- mindestens 1 Gewichtsprozent der unter Buchstabe a genannten Partikel erfüllt eine der folgenden Bedingungen:
- alle Dimensionen der Partikel sind gleich oder kleiner als 5 mm;
- die Länge der Partikel ist gleich oder kleiner als 15 mm und das Verhältnis von Länge zu Durchmesser ist größer als 3.
Synthetische Polymermikropartikel werden in einer Vielzahl von Industriezweigen wie beispielsweise Landwirtschaft, Kosmetik, Wasch- und Reinigungsmittel, Farben, Lacken, Medizinprodukten und anderen verwendet. Sie finden dort unter anderem als Füllstoffe, Bindemittel, Filmbildner, Schleifpartikel oder Stabilisatoren in Mengen über 140.000 t Mikroplastik pro Jahr in Europa (EU/EWR) Anwendung. Dies hat zur Folge, dass ein erheblicher Teil, auch durch falsche Handhabung, in die Umwelt gelangt.
Die Auswirkungen auf die Umwelt sind noch nicht umfassend erforscht, jedoch gibt es bereits Untersuchungen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zu den Gesundheits- und Umweltrisiken von Mikropartikeln.
Zu den Auswirkungen auf Umwelt und menschliche Gesundheit zählt:
- Mikroplastik kann in die Nahrungskette gelangen und sich dort anreichern, da es relativ stabil gegenüber Umwelteinflüssen ist.
- Aufgrund der hohen Stabilität können langfristige Auswirkungen auf Ökosysteme bestehen
- Bisher ist noch unklar, ob Mikroplastik in den menschlichen Körper gelangt und dort Auswirkungen haben könnte
- An Mikroplastik haftende Chemikalien könnten wiederum in den Körper gelangen und können gegebenenfalls durch deren Toxizität bedenklich sein
Die Beschränkung gemäß der REACH-Verordnung besagt, dass synthetische Polymermikropartikel nicht als solche oder, wenn diese vorhanden sind, um eine gewünschte Eigenschaft zu verleihen, in Gemischen in einer Konzentration von 0,01 Gewichtsprozent oder mehr in Verkehr gebracht werden dürfen.
Ausgenommen von dieser Beschränkung sind:
- Natürliche Polymere ohne chemische Modifikationen
- Abbaubare Polymere
- Lösliche Polymere
- Polymere, die in ihrer chemischen Struktur keine Kohlenstoffatome enthalten
Zusätzlich zu den oben genannten allgemeinen Ausnahmen, gibt es noch weitere Ausnahmen für bestimmte Industriezweige und Verwendungen:
- Synthetische Polymermikropartikel als solche
- Arzneimittel
- Düngeprodukte
- Lebensmittelzusatzstoffe
- In-vitro-Diagnostika
- Lebensmittel
Ebenfalls ausgenommen von der Beschränkung sind Polymerpartikel, die:
- durch technische Mittel eingeschlossen sind, sodass die Freisetzung in die Umwelt verhindert wird
- in ihren physikalischen Eigenschaften (z.B. Größe, Form) durch die Endanwendung so verändert werden, sodass sie außerhalb des Anwendungsbereichs der Beschränkung liegen
- dauerhaft in eine feste Matrix integriert sind
Eine Vielzahl von Übergangsfristen für verschiedene Verwendungsbereiche müssen beachtet werden, wobei ab dem 17. Oktober 2025 Lieferanten Informationen zu enthaltenen synthetischen Polymermikropartikeln bereitstellen müssen, die Hinweise, Anweisungen für die Verwendung und Entsorgung sowie Angaben zur Menge beinhalten.
Daraus resultieren diverse Kennzeichnungs-, Informations- und Meldepflichten für die Hersteller und nachgeschalteten industriellen Anwender dieser Produkte.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Prüfung, ob und wie Sie von der Mikroplastik-Beschränkung betroffen sind und beraten Sie auch dabei die Pflichten entlang der Lieferkette zu beachten und umzusetzen.
Quellen:
[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02006R1907-20241010
[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R2055
[3] https://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/DE/REACH/Verfahren/Beschraenkungsverfahren/Mikroplastik
[4] https://echa.europa.eu/de/hot-topics/microplastics