Perfluoroalkylsubstanzen (PFAS) sind eine Klasse chemischer Substanzen, die aufgrund ihrer herausragenden und einzigartigen Eigenschaften in Verbraucherprodukten wie in vielen technischen Gebieten vielfältig eingesetzt werden. Sie zeichnen sich aus durch eine hohe chemische Stabilität, ein resistentes Verhalten gegenüber wässrigen wie öligen Substanzen, sowie eine hohe Hitzebeständigkeit bis über 250 °C. Aus diesem Grunde begegnen uns PFAS in vielen Gegenständen des Alltags wie in Backpapier, Outdoorbekleidung, Fleckenschutz oder Feuerlöschschäumen [1]. Aufgrund ihrer hohen Inertheit sind die Substanzen aber auch in der Umwelt persistent, sie bauen sich nur langsam ab und können sich in Organismen anreichern. PFAS werden in Verbindung mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen gebracht [2], deshalb hat die Europäische Kommission bereits in den letzten Jahren Verbote für PFOS (Perfluoroktansulfonsäure und Derivate) sowie PFOA (Perfluoroktansäure und Derivate) erlassen [3]. 2023 wurde nun ein weitreichender Vorschlag zur Beschränkung von Herstellung, Verwendung und Inverkehrbringen aller PFAS in der EU veröffentlicht.
Wie sind PFAS definiert – Was ist im Rahmen der Beschränkung geplant und welche Konsequenzen ergeben sich daraus bereits heute?
Im Grunde sind PFAS laut der OECD definiert als Substanzen, die mindestens eine vollständig fluorierte Methylgruppe (-CF3) oder eine vollständig fluorierte Methylengruppe (-CF2-) in ihrer Struktur tragen [4]. In dem durch die fünf EU-Mitgliedsstaaten Dänemark, Deutschland, Niederlande, Norwegen, Schweden an die ECHA eingereichten PFAS-Beschränkungsvorschlag wird diese Definition geringfügig abgeschwächt. Je nachdem welche Atome an die betreffenden fluorierten Gruppen gebunden sind, werden Substanzen aus der geplanten Beschränkung ausgeschlossen [5].
Abbildung 1: Darstellung der Perfluormethylgruppe (links) und der Perfluormethylengruppe (rechts). Nach Definition der OECD sind alle Substanzen, welche eine dieser Gruppen beinhalten, zu den PFAS zu zählen
In seiner ursprünglichen Form sah das Beschränkungsverfahren so aus, dass nach der Erarbeitung eines Beschränkungsvorschlages eine sechs Monate andauernde öffentliche Konsultationsphase erfolgen sollte. Im Rahmen der Konsultation sollten alle betroffenen Akteure die Gelegenheit bekommen, den Vorschlag zu kommentieren und ihre eigene Betrachtung einzubringen. Diese zweite Phase wurde im September 2023 abgeschlossen, es wurden mehr als 5600 Kommentare von mehr als 4400 Organisationen eingereicht [6]. In der aktuellen dritten Phase werden die Kommentare in Fachausschüssen geprüft, und eine wissenschaftliche Bewertungen der PFAS-Beschränkungen für verschiedene Anwendungsbereiche erarbeitet. Dabei werden schrittweise einzelne Sektoren diskutiert, für 2024 sind unter anderem Sitzungen zu Verbraucherprodukten, Kosmetik, Ski-Wachs, Verpackungen, Textilien, Metallbeschichtungen und Erdöl-/Bergbauanwendungen geplant. Informationen zu weiteren Verwendungssektoren werden sukzessive veröffentlicht. Die Konsequenzen für diese Bereiche, sprich die betroffenen Substanzen, Ausnahmen sowie die Gewährung von Übergangsfristen sind daher aktuell kaum absehbar.
Obschon die PFAS-Beschränkung weder vollständig definiert noch umgesetzt ist, reagieren Hersteller und Händler bereits jetzt mit Produktabkündigungen. Dazu gehört beispielsweise der Chemikalienhersteller 3M, der zum Ende 2025 die Produktion von PFAS-Chemikalien einstellen will. Viele namhafte Firmen wie unter anderem Adidas, Ikea oder Unilever bekräftigten bereits das Vorhaben, PFAS aus ihren Produkten zu eliminieren. Auch Kunststoffverarbeiter kündigen teilweise bereits den Ausstieg aus der Herstellung von PFAS-haltigen Bauteilen an.
Der Bedarf an PFAS wird also unweigerlich sinken, wodurch sich die Frage eines künftigen Angebots stellt. Damit resultieren selbst für von der Beschränkung ausgenommene Anwendungen und Sektoren Konsequenzen, wenn Materialien oder Komponenten möglicherweise nicht mehr auf dem Markt verfügbar sind.
Wie betrifft ein PFAS-Verbot den Maschinen- und Anlagenbau?
Im Maschinen- und Anlagenbau werden PFAS häufig in Form von Polymeren eingesetzt, beispielsweise für Dichtungen, Schläuche, Beschichtungen oder Schmierstoffe. Sie sind relativ einfach identifizierbar, wenn sie als Basiswerkstoff verwendet werden. Häufig werden sie aber auch als funktionelle Beimischung in Compounds eingesetzt, beispielsweise als Triboadditive, was vielen Endanwendern nicht bewusst ist. Einige typische Vertreter für fluorhaltige Polymere sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Bezeichnung | Abkürzung | Beispiele für Handelsnamen | Betroffen von PFAS-Regulierung? |
---|---|---|---|
Polytetrafluoroethylen | PTFE | Teflon, Algoflon, Polyflon, Dyneon | Ja |
Perfluoralkoxy-Copolymer | PFA | Teflon, Hyflon, Neoflon, Dyneon | Ja |
Tetrafluorethylen-Hexa-fluorproplyen-Copolymer | FEP | Teflon, Dyneon, Neoflon | Ja |
Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymer | ETFE | Aflon, Dyneon, Neoflon, Tefzel | Ja |
Ethylen-Chlortrifluor-ethylen-Copolymer | ECTFE | Halar | Ja |
Polychlortrifluorethylen | PCTFE | Voltatef, Aclar, Halon | Ja |
Polyvinylidendifluorid | PVDF | Hylar, Kynar, Solef | Ja |
Polyvinylfluorid | PVF | Tedlar | Nein |
Fluorkautschuk | FKM | Viton, Day-EL, Tecnoflon, Dyneon | Ja |
Perfluorkautschuk | FFKM | Kalrez, Chemraz, Perlast, Simrez | Ja |
Perfluorpolyether | PFPE | Fomblin, Galden, Krytox, Brayco | Ja |
Fluorpolymere übernehmen aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften essenzielle Funktionen, weshalb sie in Produkten teils mit Einschränkungen der Performance, teils aber auch gar nicht substituiert werden können. Aufgrund des daraus drohenden Wettbewerbsnachteils für europäische Unternehmen fordert der VDMA in seinem Positionspapier zu PFAS unter anderem die generelle Ausnahme von Fluorpolymeren in Industrieanwendungen [8]. Selbst wenn Ausnahmen zu Fluorpolymeren geschaffen werden, wie dies z.B. in den USA und UK diskutiert wird, können die zu deren Herstellung benötigten Chemikalien und Hilfsmittel von der Beschränkung betroffen sein. Weiterhin ist die gesicherte Verfügbarkeit der Ausgangsstoffe vor dem Hintergrund der bereits erwähnten Produktabkündigungen infrage zu stellen.
Der Weg aus dem PFAS-Dschungel
Angesichts dieser unsicheren Aussichten sind Verwender von PFAS-haltigen Materialien gut beraten, sich rechtzeitig mit den Auswirkungen einer Beschränkung auf ihre Produkte zu beschäftigen und sich auf alle Situationen vorzubereiten. Zu einem systematischen Ansatz gehört im ersten Schritt eine Bestandsaufnahme – die Identifizierung sämtlicher PFAS in den eigenen Produkten und Prozessen, inklusive Werkstoffen mit PFAS-haltigen Additiven und von einer Beschränkung betroffenen Prozesshilfsmitteln. Nur so gelingt ein Überblick, welche Konsequenzen eine vollständige Beschränkung im „worst case“ haben kann.
Auf Basis der Spezifikation der Anwendungen, bei denen die PFAS zum Einsatz kommen, kann ein Abgleich mit marktverfügbaren Materialien getroffen, und Alternativen identifiziert werden. Im Zuge einer Materialvorauswahl wird die Gruppe infrage kommender Kandidaten systematisch und kosteneffizient geprüft, um auf eine finale Auswahl kondensiert zu werden. Mit diesen Werkstoffen erfolgen schließlich die Qualifizierungen auf Anwendungsebene. So könnte ein zielgerichtetes Vorgehen jedenfalls aussehen.
Es ist aber nicht auszuschließen, dass PFAS in bestimmten Anwendungsfällen nicht gleichwertig bzw. nicht durch andere Kunststoffe ersetzbar sind. Eventuell muss auf andere Materialklassen umgestiegen werden, bzw. die Anwendungen müssen neu gedacht und entwickelt werden.
Die Expertise von Materiales in der Chemie und dem Gefahrstoffmanagement zum einen, sowie im Material Engineering zum anderen leistet einen wertvollen Beitrag für die Identifizierung von PFAS im Kundenportfolio und die Entwicklung alternativer Lösungen. Benötigen Sie Unterstützung zu PFAS in Ihrem Unternehmen? Dann sprechen Sie uns gerne an.
[2] https://www.atsdr.cdc.gov/pfas/health-effects/index.html
[3] https://echa.europa.eu/de/hot-topics/perfluoroalkyl-chemicals-pfas
[5] https://echa.europa.eu/documents/10162/f605d4b5-7c17-7414-8823-b49b9fd43aea
[7] https://www.umweltbundesamt.de/themen/pfas-beschraenkung-echa-gibt-naechste-schritte
[8] https://www.vdma.org/viewer/-/v2article/render/79600192
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